Vor 30 Jahren
Sammlung Herbert Wagner

Vor 30 Jahren

2025: VOR FÜNFZIG JAHREN
Stadtnachrichten Oktober 2005

1975 war in der Geschichte des Lieser- und Maltatales sicherlich eines der ereignisreichsten Jahre! Die Arbeiten zum Bau der Kölnbreinsperre mit der Kraftwerksgruppe Malta und der Tauernautobahn (A10) waren zu dieser Zeit schon voll im Gange. Diese Jahrhundertbauwerke brachten nachhaltige Veränderungen im Landschaftsbild unserer beiden Täler. Über 3000 Arbeiter aus allen Sparten erbrachten unter mancherlei Gefahren und oft unter sehr schwierigen Umständen erstaunliche Leistungen! Sie schufen Wunderwerke der Technik, die auch unsere heutige Wirtschaft nachhaltig beleben!
 

Kraftwerksgruppe Malta

Sammlung Herbert Wagner
Kölnbreinstaumauer Ende 1975
Sammlung Herbert Wagner
Arbeitspause beim Ausgleichsspeicher Gößgraben – Herbst 1975

Diese wurde zur Bereitstellung hochwertiger Spitzenenergie – vor allem im Winter – errichtet. Die Größe des Projektes erforderte die Einrichtung von drei verschiedenen Bauleitungen:

Malta I:

Speicher Sameralm mit der Kölnbreinsperre

Oberstufen-Kraftwerk beim Galgenbichl

Malta II:

rund 80 Kilometer Straßen und Aufschließungswege einschließlich der Maltahochalmstraße (18 km), Ausgleichsspeicher Gößkar, rd. 50 km Stollen für die Beileitung der Seitenbäche mit der oberen Lieser, der Triebwasserstollen (Durchmesser 4,9 m) für die Überleitung der Malta zum Wasserschloss im Mühldorfergraben

Malta III:

Kraftstation Rottau (Kolbnitz) mit der circa 1,8 km langen Druckrohrleitung und dem Ausgleichsbecken

Kraftwerk Möllbrücke


Tauernautobahn

Diese Alpentransversale beschäftigte bereits im Jahre 1938 – also kurz nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich – die Verantwortlichen für das Straßenwesen. Sie begannen sogleich mit den Planungsarbeiten für die Weiterführung der bereits bis Salzburg fertiggestellten „Reichsautobahn“ (Autobahnteilstück München – Landesgrenze).

Der erste Spatenstich für eine „Tauernautobahn“ erfolgte 3 ½ Monate vor Kriegsbeginn am 15. Mai 1939 in Molzbichl bei Spittal a.d. Drau. Kurz darauf begann man mit den Bauarbeiten, so u. a. mit dem Wolfsbergtunnel und vor allem mit dem Katschbergtunnel, dessen Südportal in Oberdorf in der Gemeinde Rennweg geplant war.

Der Bau des schwierigen Straßenstückes durch das Liesertal war offenbar ein besonderes Anliegen des damaligen Generalinspekteurs für das deutsche Straßenwesen, Dr. Fritz Todt. Er weilte wiederholt bei uns in Gmünd und unser Städtchen bedeutete ihm viel. Auf seine Initiative gehen u. a. zurück: die Steinbrüche in Koschach und am Galgenbichl, der Bau der heutigen Trefflinger Landesstraße als Zubringer für die dort vorgesehene Autobahntrasse sowie die Arbeiten für die Materialseilbahn vom Koschacher Steinbruch nach Oberbuch.

Den Neubau unserer Stadtbrücke im Jahre 1939 und die großzügige Neugestaltung der Ortseinfahrt hat Dr. Fritz Todt wesentlich beeinflusst. Für dieses Vorhaben mussten zu beiden Seiten der Malta gleich sechs Häuser abgerissen werden! In diesem Zusammenhang darf man es nicht verabsäumen, auch auf die großen Leistungen des damaligen Bürgermeisters, des Postwirtes Josef Moser, hinzuweisen.

Im Jahre 1942 wurde der Bau der Autobahn, bei dem zu dieser Zeit immer mehr Kriegsgefangene beschäftigt waren, wegen der Kriegsereignisse (Rußlandfeldzug) gänzlich eingestellt. Nach dem bitteren Ende des 2. Weltkrieges mussten die Menschen versuchen, mit ihrem eigenen Schicksal fertig zu werden. Keiner von der sog. Wiederaufbaugeneration dachte im Geringsten an den Bau einer Autobahn!

Anfang der 60er Jahre begann sich das Leben allmählich zu normalisieren. Durch die zunehmende Motorisierung nahm der Fremdenverkehr im ganzen Alpenland beachtlich zu und alle Orte litten unter dem vermehrten Verkehrsaufkommen. (1968: Sommerspitze am Hauptplatz in Spittal a. d. Drau 30.000 PKW an einem Tag!)

Auch bei uns in Gmünd bildeten sich oft Autokolonnen, die bis zum Kreuz- bzw. Galgenbichl reichten. Auf beiden Seiten des Katschberges leisteten die Bauern wertvolle Hilfsdienste. Sie schleppten mit ihren Traktoren viele leistungsschwache Autos auf die Passhöhe.

In Erkenntnis des bevorstehenden Verkehrsaufschwunges reifte schon in den 50er Jahren der Entschluss, ein österreichisches Autobahnnetz zu schaffen und vorerst die Autobahn Wien – Linz – Salzburg zu planen und zu bauen. Im Mai 1969 kam es auch zur Gründung der Tauernautobahngesellschaft TAB und somit zur Neuplanung des Trassenverlaufes Salzburg – Villach mit den beiden Großtunnels durch den Radstätter Tauern (6,4 km) und den Katschberg (5,4 km). Die 52 km lange Scheitelstrecke von Eben im Pongau bis Rennweg wurde am 21. Juni 1975 für den Verkehr freigegeben. Nach fast 2000 Jahren Straßengeschichte war damit eine den Alpenhauptkamm querende, wintersichere Nord–Süd–Verbindung von internationaler Bedeutung fertig gestellt worden. Zeitgleich mit der Scheitelstrecke erfolgte auch der Bau der Autobahn durch das untere Liesertal. Dieses Teilstück mit dem Talübergang und der Abfahrt Gmünd (samt den Arbeiten am Lieserbergl) wurde vorgezogen, weil man es für die Schwertransporte zum Bau der Kölnbreinsperre dringend benötigte. Aus diesem Grund beteiligte sich die damalige DRAU–AG mit 40 Mio. Schilling an den Baukosten!

Das Unglücksjahr 1975

Sammlung Herbert Wagner
Gießener Hütte 1913: Fotograf unbekannt
Den Originalbau zerstört eine Lawine

1.) Lawinen im Maltatal, im Göß- u. Radlgraben

Nach einem ausgesprochen schneearmen Winter kommmt es in der Osterwoche zu starken Schneefällen, die ohne Unterbrechung fast 70 Stunden anhalten. Starker Regen und weitere Schneefälle in der folgenden Woche verursachen schwere Lawinenabgänge, die z. B. im Gößgraben mehrere Baubaracken der ÖDK und Almhütten zerstören. Besonders bedauerlich ist es, dass die seit dem Jahre 1913 bestehende Gießener Hütte unterhalb der Hochalmspitze den Naturgewalten zum Opfer fällt. Was von diesem wichtigen Alpinstützpunkt übrig bleibt, findet man etwa 500 Höhenmeter unterhalb in der Thomabaueralm. Die Lawinen vernichten außerdem etwa 6 500 Festmeter Holz. Besondere Schäden entstehen in den Schutzwäldern, in denen normalerweise kein Holz geschlägert werden darf.

2.) 16. Mai 1975: Katastrophe beim Talübergang Gmünd (L 37)

Der 65 m lange und 240 t schwere Schalwagen stürzt beim Vorschub auf den am rechten Ufer stehenden Pfeiler samt dem fertig betonierten Brückenteil in die Hochwasser führende Lieser.

Die traurige Bilanz: 10 Tote! Zwei davon werden gleich geborgen, zwei werden vom Hochwasser davon getragen und sechs liegen unter dem Schalwagen. Einige von ihnen findet man erst nach Wochen.

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Aufnahme aus Februar 1975 noch vor dem Unglück
Sammlung Herbert Wagner
Der Schalwagen noch vor dem Vorschub
Sammlung Herbert Wagner
Nach der Bergung der Opfer und der Beseitigung des herabgestürzten Schalwagens erfolgte die Sprengung der abgebrochenen Bauteile.

3.) 15. Juni 1975: Verheerendes Unglück auf der Villacher Alpenstraße (Dobratsch)

An diesem Sonntag unternehmen betagte Menschen aus Rennweg und Trebesing mit einem Autobusunternehmer aus Rennweg eine Ausflugsfahrt auf die Villacher Alpe. Bei der Talfahrt versagen die Bremsen und der Bus stürzt, sich mehrmals überschlagend, in einen 40 m tiefen Graben. 22 Menschen sind sofort tot, zwei sterben später im Krankenhaus, neun Personen überleben mit mehr oder weniger schweren Verletzungen. Bei der Beisetzung der Verstorbenen in ihren Heimatorten geben ihnen tausende Menschen das letzte Geleit.

Heute – nach 30 Jahren – fehlen noch die Worte, um das Leid zu schildern, das damals sowohl bei diesem schweren Unfall als auch beim Brückeneinsturz über viele Familien gekommen ist.

4.) Anfang August 1975: Felssturz am Rauchenkatsch

Ein Felssturz mit rd. 40 000 m3 bedroht die ziemlich steil ansteigende Bundesstraße beim Rauchenkatsch. Für etwa 14 Tage gibt es in der Hochsaison keine direkte Verbindung zwischen Rennweg und Gmünd. Der Verkehr muss über Innerkrems – Bundschuh umgeleitet werden.

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Felssturz am Rauchenkatsch

Was 1975 sonst noch geschah

Sammlung Herbert Wagner
Baldur Preiml Schanze in Gmünd.
Fotograf: unbekannt.

19. Jänner 1975: Eröffnung der Baldur Preiml Schanze am Saubergl

Die seit Anfang der 30er Jahre am Lieserbergl bestehende Maurilius Mayer Schanze musste dem Bau der Autobahn weichen. Als Ersatz errichtete man in der Nähe der Laxhube am Saubergl die Baldur Preiml Schanze.

Bei denkbar schlechten Schneeverhältnissen fand am 19. Jänner 1975 das Eröffnungsspringen statt. Diese Schanze erhielt den Namen von dem in unserer Gegend aufgewachsenen Prof. Baldur Preiml, der bei den Olympischen Winterspielen 1978 im Sprunglauf die Bronzemedaille geholt hatte. Da diese Schanze aber den Anforderungen des Sprungsportes nicht entsprach und auch die Schneelage in den weiteren Jahren sehr schlecht war, wurde darauf nicht mehr gesprungen.

28.4.1975: Spatenstich für die neue Volksschule in Gmünd

Juni 1975: Aus einer provisorischen Leitung kommt erstmals Wasser aus dem Radlgraben nach Gmünd. Die bisher benützten Quellen am Lieserbergl fallen zu dieser Zeit dem Autobahnbau zum Opfer.

8. 10. 1975: Die beiden Hochbehälter der neuen Gmünder Wasserleitung beim vlg. Hübler am Hattenberg werden in Betrieb genommen.

3. 12. 1975: Die Reste der Ruine Rauchenkatsch (1. Erwähnung 1123) werden im Zuge des Autobahnbaues dem Erdboden gleichgemacht.

Das ganze Jahr 1975 über: Arbeiten am neuen Flußbett für die Malta

Sammlung Siegfried Lagger
Bau der neuen Volksschule 1973–1977
Stadtarchiv Gmünd
Ruine Rauchkatsch – Gelände vor dem Autobahnbau

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Herbert Wagner (✝ 2009) und Anton Fritz: Vor 30 Jahren. In: Artikel aus 2003–2009, Publikationen Stadtarchiv Gmünd in Kärnten, Juni 2025. Online: ark:/65325/d600rm.

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