Mit dem Namen Lax verbinden sich in Gmünd ganz spezielle Aspekte. Diese begründen sich in der Gmünder Bürgerfamilie Lax, die ihren Wohnsitz im Lax-Haus am Hauptplatz hatte. So ist es in mehrfacher Hinsicht wert, sich diesem Namen zu widmen und den Hintergrund zu entdecken. Je tiefer man in dieses Wort taucht, umso deutlicher wird seine Vielfältigkeit. Das woerterbuchnetz.de zeigt sein Bedeutungsspektrum. Die Auslegung erstreckt sich vom Fisch bis hin zu einer Geländeformung durch Wasser und wandelt sich mit dem mundartlichen lax zu einem vollkommen anderen Sinn. In Kärnten ist seine Verwendung eng mit dem Element Wasser und den wandernden Fischen verbunden. Das Grundwort Lachs für den zum Zwecke des Laichens flussaufwärts schwimmenden Fisch zeigt sich in den alten Sprachen nahe dem romanischen Wasserwort lacus. Für die nördlichen Sprachfamilien, aus der Heimat des Lachses, belegt sich ein laxey/læx, für das Slawische ein *losós und im Althochdeutschen landet es als lahs, mit dem in Kärnten auch die Seeforelle bezeichnet wurde. Auf diese sprachliche Besonderheit des Kärntner Lax‘n verweist bereits das alte Grimm’sche Wörterbuch. Welcher Sprachfamilie dieses uralte Kärntner Wort Lax’n letztendlich entstammt, ist hier nicht Thema. In der Vergangenheit wanderten jedenfalls etliche Sprachen durch die Region.
LAX: Diverse Sprachschichten | Deutsch: Lachs und Mundart „lax“ | Laxhube |
Lachs=Fisch des Nordens, aus nördlichen Sprachfamilien: læx, laxey = Lachsfluss, z. B. Isle of Man romanisch: lacus = See, Wasserbecken, im Sinne einer trogartigen Vertiefung im Gelände, die ein ausgetrocknetes Wasser hinterlässt urslawisch: *lososь slaw. *losós = Lachsfisch sl. Personenname Ladislaus: Kurzname Lachs | 1. mundartlich lax = a) ohne Sorgfalt, flüchtig b) lockerer Umgang in Bezug auf die Sittlichkeit; Müßiggang c) im wirtschaftlichen Sinne: Verlust oder Mängel bzw. geringer Ertrag 2. ahd. lahs = Lachs, wandernder Fisch Kärnten: Lax’n = Seeforelle 3. Lachs als Kurzform zum sl. Ladislav Hube: ahd. hufe/huobe = Stück Land von gewissem Ausmaß; in Kärnten: Arbeitsumfang eines Tages (bepflügen bzw. beackern) regional unterschiedlich sogar eine Größe von bis zu 27 ha möglich; nach dem 12. Jhdt. auch als Lehen auffindbar, wobei überregional 1 Lehen = 1/2 Hube = 24 Joch = ca. 13,5 ha (nicht in Kärnten!) 1 Joch = ca. 5 700 m2 | 1. Hube mit wenig Ertrag 2. Ein Vulgoname nimmt in der Regel Bezug auf den ersten Bauern, der die Hube bewirtschaftete: z. B. Lachs als Kurzform zum slaw. Rufnamen Ladislav 3. Besitzgeschichte wird in den Kataster-Aufzeichnungen erst noch überprüft, zur Abklärung, ob es möglicherweise eine Hube des ersten Gmünder Bürgers Lax gewesen sein könnte. Josephinische Zeit: Lehen und Huben wurden zu Rotten zusammengefasst Vorsteher: Rottmeister heute: Bürgermeister |
Die vollkommen unterschiedliche Bedeutungsreihe des identisch klingenden mundartlichen lax zeigt die Tabelle. Neben bestimmten Charaktereigenschaften verwendete man es auch in der Sachgruppe der wirtschaftlichen Bewertungen. Die Verwaltungssprache setzte es bevorzugt für solche Wirtschaftsgüter ein, die mit Verlust oder Mängel bzw. einfach mit geringem Ertrag behaftet waren. Ein Fischname tritt in der Regel nur bei Bachnamen oder Wasserorten auf, so wird bei der Gmünder Lax-Hube entweder der Bezug auf die wirtschaftliche Komponente oder ein Vulgoname zu bevorzugen sein. Letzterer könnte sich entweder auf die Kurzform eines sl. Ladislaus = Lachs/Lax zurückführen oder auf die Charaktereigenschaften des ersten Huben-Besitzers.
Die Josefinische Landesaufnahme, die leider im Raum Gmünd als etwas verzerrter Scan erscheint, zeigt ein erstes Wegenetz, dass die ersten Höfe am Kleinhattenberg Richtung Saps/Dornbach hin anbindet. Etwa fünfzig Jahre später verbildlicht die Franziszeische Landesaufnahme eine deutliche Zunahme der Huben rechtsseitig der Malta. Da bei der Karnerau drei kleinere Bäche in die Malta münden, die kaum jemand aus der Gmünder Bevölkerung mit Namen kennt, wird hier auf die Verortung des Laxhubenbachls verwiesen: vom Kleinhattenberg herab fließen nachbarschaftlich zuerst das Laxhubenbachl, dann der Talgerbach und bereits nahe bei Saps der Hattenbergbach in die Malta. Die Laxhube befindet sich oberhalb der Straße Richtung Saps am Abhang des Hattenbergs.
Ein Fercher beim Schloss Dornbach
Schon seit ältester Zeit wird in Kärnten mit Lax‘n vornehmlich der in Schwärmen wandernde, seine Laichplätze flussaufwärts suchende Fisch bezeichnet. Neben Lax, Lax‘n oder Laxl wurdeder junge Fisch auch als Ferche bezeichnet. Der Hofname Fercher in nördlicher Nachbarschaft des Dornbacher Schlosses zeigt deutlich einen Fischer, der für den Fischbesatz zuständig war und vermutlich ebenso Fisch für die Schlossbewohner zu liefern hatte. Man kann diesen Maltataler Hofnamen durchaus auch als eine letzte Spur der Laichwanderungen der Millstätter Seeforellen ins Maltatal interpretieren.
Seeforellen können tagelang und damit kilometerweit flussaufwärts wandern, um zu laichen. Ihr Fleisch zeigt sich zartrosa bis rot und wegen ihres geschmacklich besonderen Aromas dürften sie wohl nicht nur namentlich geadelt worden sein. Bereits im 14. Jahrhundert zinste man nachweislich die Kärntner Lax‘n an den Kaiserlichen Hof nach Wien. Auf der einen Seite betrieb man die Sperrfischerei: Man zog einen Zaun quer durch den Fluss, der das Wasser durchließ, den Fisch aber aufhielt. Dann gab es noch die Methode des Pflockens: Die laichenden Fische mussten über ein Hindernis springen, hinter dem bereits die Fallen standen.
Die Laichwege der Seefische halten sich eigentlich zeitlos. Erst Eingriffe des Menschen veränderten ihre Wege flussaufwärts und ihre Populationen. In Urzeiten – so die Geologie – war die Malta über die Lieser und später den Millstätter Seebach mit dem Millstätter See verbunden. Der Seebach mündete zunächst ohne Verbauung in die Lieser. 1638 baute der Graf von Ortenburg (vormals Widmann) als Inhaber der Fischereirechte am Seeausgang eine fixe Lachssperre, indem er kurzerhand den Seeabfluss rigoros absperrte. Daraus entstand nicht nur ein 160jähriger Lachsenkrieg mit Döbriach, sondern vermutlich auch das Verschwinden der Laichzüge flussaufwärts in die Lieser bzw. Malta. Bis dorthin dürften sich die Laichwanderungen über Jahrhunderte – wenn nicht gar Jahrtausende – wiederholt haben. Das Kloster in Millstatt und diverse andere Rechteinhaber pflegten den Fischbestand des Sees. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass mit diesen Laichwanderungen gearbeitet wurde. Wurde der Weg in die Lieser auch abgesperrt, um das Ablaichen in anderen Regionen zu verhindern? Über den Urzustand des Fischbestandes in der Region kann nur spekuliert werden. Ein Gewässer ohne Fische musste einst jedoch erst gesucht werden.
Die Fischerei als königliches Regal
Damals:
Wo is a Wåsser
drin is ka Fisch?
Altes Rätsel beim Brecheln
Heute:
Wo is a Wåsser
drin is a Fisch?
Neues Rätsel beim Blick ins Wasser
Bei Übernahme Karantaniens gelangte der Fischbestand in das Eigentum des Königs, der dafür Rechte erteilte, für die Abgaben zu leisten waren. Die Fischereirechte kamen auf diese Weise – wie das Jagdwesen – in die Hände des Adels. Bereits im 9. Jahrhundert besaß das Bistum Freising das Regal der Fischerei für den Gau Lurn und damit ebenso für die Malta und die Lieser. Als die Grafschaften in Kraft traten, hatte die einheimische Bevölkerung demnach das freie Fischen verloren. Auch das Erzbistum Salzburg legte großen Wert auf den Fischbann und regelte rigoros die Erlaubnis zu fischen. Lange blieb der Fisch sogar eine Herrenspeise und somit dem Adel vorbehalten. Fischgerichte fehlten an keiner Tafel des Hofes. Man hatte sich ja auch mit den Fastenzeiten zu arrangieren und manövrierte sich geschickt mit allerlei Sonderbestimmungen durch die von der Kirche vorgegebene fleischlose Zeit.
Wenn die Salzburger Erzbischöfe reisten, lieferte ein eigener Bote den jeweiligen Fischbedarf. Erzbischof Johann Jakob zum Beispiel liebte den Lax, besonders den geräucherten, für ihn eine Delikatesse ersten Ranges. Weil die hochfürstlichen Menüs auch Meeresfische beinhalteten – regelmäßig und dies in üppigen Mengen –, soll aus Triest ebenso regelmäßig die Eilpost Richtung Salzburg über Gmünd und Radstadt durchgereist sein: bei Tag und Nacht, so die Überlieferung, um die erzbischöflichen Hofküchen pünktlich zu beliefern. Als bei Fortschreiten des Mittelalters die wohlhabende Bürgerschaft ebenso üppig zu tafeln begann, gab das Erzbistum Salzburg Erlässe heraus: Die Befischung der Gewässer sollte eingeschränkt werden. Die großen Konkurrenten Biber und Ottern mussten ebenso in Schach gehalten werden. Doch suchte man den ausgewogenen Weg, denn deren Fell sah man als kostbares Pelzwerk an. Dementsprechend streng war die Pflege dieses Tierbestandes. Aus dem 18. Jahrhundert liest man von eigens angestellten Otterjägern. Es gab genau kontrollierte Fangquoten.
Die Suche in den Katastern bzw. Urbaren, um die Lax-Hube einem Eigentümer zuzuteilen, ist noch nicht vollendet. So bleibt es zunächst noch offen, ob ihr Name möglicherweise auf die Gmünder Familie Lax als ersten Besitzer verweist. Mehr über diese Familie erfahren Sie einem eigenen Artikel.
Literatur
Wörter- und Namenbücher, Karten und Originalquellen
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„lacus“, in: lateinlex.de. Digitale Lernplattform mit Online Latein-Wörterbuch. Online: lateinlex.de (besucht am 28.06.2023).
Pfeifer, Wolfgang et al.: „Lachs“. in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1993. Online: dwds.de (besucht am 28.06.2023).
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Quellen
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Freudlsperger, Hans: Kurze Fischereigeschichte des Erzstiftes Salzburg (II. Teil), in: Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, 77 (1937), S. 145–176. Online: zobodat.at (besucht am 03.07.2023).
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